Krank in den Ferien – wann haben Sie Anrecht auf Ersatz?

P.G. | 21.07.2022

In den Ferien sollen sich Mitarbeitende erholen, so will es das Gesetz. Doch was, wenn eine Grippe Sie für mehrere Tage ins Bett zwingt und Ihnen die Badeferien auf Sardinien verleidet? Oder wenn ein gebrochener Knöchel abrupt die Skiferien in den Dolomiten beendet? Wir erklären Ihnen, wann Mitarbeitende im juristischen Sinn «ferienunfähig» sind und die verpassten Ferientage nachholen dürfen – und in welchen Fällen nicht.

Mein Chef verlangt von mir, dass ich als Teamleiterin in meinen Ferien ständig erreichbar bin. Darf er das?

Der Trend hin zur ständigen Erreichbarkeit verträgt sich nicht mit dem Willen des Gesetzgebers und der Fürsorgepflicht Ihres Arbeitgebers. Die Idee: Sie sollen sich in den Ferien erholen, damit Sie langfristig gesund und erwerbsfähig bleiben.

Erwartet Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeberin, dass Sie von morgens bis abends erreichbar sind, können die betreffenden Tage nicht als Ferien angerechnet werden. Sie fallen unter Arbeitszeit, was bedeutet, dass Sie die Ferientage zu einem späteren Zeitpunkt beziehen dürfen. Denn man muss davon ausgehen, dass Sie sich durch die permanente «Grundanspannung» (wann meldet sich mein Chef?) nicht wirklich erholen können.

Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch, wenn Sie in einer Führungsposition oder im Kader sind.

Mein Arbeitgeber hat diesen Sommer zwei Wochen Betriebsferien angeordnet. Werden mir die Ferientage vom Jahresurlaub abgezogen?

Gemäss Gesetz ist Ihr Arbeitgeber für die Festsetzung des Ferienzeitpunkts zuständig. Dabei muss er allerdings Rücksicht auf Ihre Bedürfnisse nehmen. Sie sollten die Möglichkeit haben, Ihre Ferien regelmässig zu beziehen. Die Anordnung von Betriebsferien steht der Pflicht zur Rücksichtnahme allerdings nicht entgegen. Will ein Unternehmen Betriebsferien festsetzen, so müssen diese im Arbeitsvertrag explizit festgehalten oder aber rechtzeitig, sprich mindestens drei Monate vorher, angeordnet werden.

Da Ihr Arbeitgeber Ihnen neben den Betriebsferien auch die Möglichkeit gewähren muss, zu einem individuellen Zeitpunkt Ferien zu beziehen, kann er nicht vier oder fünf Wochen Betriebsferien im Jahr anordnen. Zwei Wochen sind aber durchaus zulässig.

Kann mir meine Firma, die bis Ende Jahr nicht bezogenen Ferientage streichen?

Nein, nicht bezogene Ferien dürfen nicht per Ende Jahr gestrichen werden. Auch Vereinbarungen oder Klauseln im Arbeitsvertrag, die einen Verfall bei Nichtbezug vorsehen, sind unzulässig. Nichtbezogene Ferien am Ende des Jahres werden auf das nächste Jahr übertragen.

Was es jedoch zu berücksichtigen gilt, ist die gesetzliche Verjährung. Bei Ferien kommt die fünfjährige Frist zum Tragen. Sprich: Wenn Sie lange keine Ferien beziehen, kann es sein, dass der Anspruch darauf verfällt beziehungsweise Ihre Firma die Verjährungseinrede entgegenhalten kann. Wenn Sie in einer solchen Phase Ferien beziehen, werden diese aber mit dem jeweils ältesten Ferienanspruch verrechnet.

Dovolenka poistenie vo Švajčiarsku

Arbeitsunfähigkeit vs. Ferienunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit und Ferienunfähigkeit sind nicht dasselbe. Unter einer Arbeitsunfähigkeit versteht man die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf zumutbare Arbeit zu leisten. Das heisst: Es liegt ein medizinischer Zustand vor, der Arbeitnehmende daran hindert, (ganz oder teilweise) der gewohnten Arbeit nachzugehen.

Eine Ferienunfähigkeit liegt hingegen dann vor, wenn eine Krankheit oder ein Unfall die Erholung während der Ferien vereitelt. Dazu braucht es ein erhebliches Mass an Beeinträchtigung und eine gewisse Intensität der Gesundheitsstörung. Zum Beispiel Krankheiten, die Sie ans Bett fesseln und regelmässige Arztbesuche erfordern. Eine kleinere Verletzung, die weder Anlass dazu gibt, zuhause zu bleiben, noch sonstige Tätigkeiten während der Ferien wesentlich behindert, beeinträchtigt den Wert der Erholung nicht. Darunter fallen beispielsweise Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schnupfen, leichtere Zahnschmerzen, ein verstauchter Knöchel bzw. gebrochener Finger oder Sonnenbrand.

Ich habe mir während der Badeferien auf Kreta den Fuss verstaucht. Trotz Arztzeugnis will mir meine Arbeitgeberin den Ferienbezug nach dem Unfall anrechnen. Die Begründung: Ich hätte mich trotzdem erholen können. Ist das rechtens?

Tatsächlich ist es so, dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend auch eine Ferienunfähigkeit nach sich zieht (detaillierte Erläuterungen siehe Kasten oben).

Ein verstauchter Fuss hat in der Regel weder eine Bettlägerigkeit noch regelmässige Arztbesuche zur Folge. Es handelt sich um eine eher geringfügige Einschränkung, die den Erholungszweck Ihrer Ferien nicht wesentlich beeinträchtigt. Ihre Arbeitgeberin darf Ihnen daher den Nachbezug von Ferientagen verweigern.

Ich bin seit mehreren Wochen krankgeschrieben. Darf ich trotzdem in die Ferien?

Das kommt auf den Einzelfall an. Arbeitsunfähigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Ferienunfähigkeit (siehe auch die Infos im grauen Kasten oben). In der Praxis kann es durchaus vorkommen, dass Sie arbeitsunfähig, aber nicht ferienunfähig sind. Ausschlaggebend hierfür ist, ob die Krankheit dem Erholungszweck der Ferien entgegensteht oder nicht.

Wenn Sie bettlägerig sind, sollte klar sein, dass neben der Arbeitsunfähigkeit auch eine Ferienunfähigkeit vorliegt. Wenn Sie jedoch zum Beispiel Pianistin oder Schneider sind und sich die Hände übel verbrannt haben, liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor. Diese Verletzung steht aber dem Erholungszweck der Ferien nicht zwingend entgegen. Daher dürften Sie in diesem Fallb beispielsweise trotz Arbeitsunfähigkeit in die Ferien gehen.

Wichtig: Man kann nur ganz oder gar nicht ferienfähig sein. Wenn Sie zu 50 Prozent krankgeschrieben sind und Ferien beziehen, beziehen Sie die Ferientage vollumfänglich und nicht nur zu 50 Prozent. Im Zweifelsfall empfehlen wir, Ihre Ärztin oder Ihren Arzt zu Rate zu ziehen. Wenn diese oder dieser eine Ferienfähigkeit trotz Arbeitsunfähigkeit bestätigt, dürfen Sie in die Ferien reisen.

Quelle: Axa